Rundbrief Nr. 31, Herbst 2024
Meine werten, verehrten Leserinnen und Leser,
gleich wie alt Ihr seid und was Ihr im Leben schon alles erlebt habt – jetzt zum ersten Mal haltet Ihr einen Rundbrief in Händen, den ein 88jähriger Autor Euch geschrieben hat. Ich hoffe, Ihr seid Euch der Bedeutung dieses Augenblickes bewusst!
Ich frage mich manchmal selbst erstaunt: Karl, gibst du wirklich jetzt hier in Köln deine Gesammelten Werke heraus, unter tatkräftiger Mithilfe von Verlegerin und Grafikerin? Oder träumst du das nur, so wie der Autor des neuen Buches (Die chinesische Flaschenpost) sich skurriles Zeug zusammenträumt, bis ein wütender Löwe ihn zu fressen droht? Zum Glück wird er rechtzeitig wach. Aber jetzt weiß er nicht: Ist er wirklich ein Autor oder gehört auch das noch zu seinem Traum?
Manchmal gratuliert mir jemand zu meinem Erfolg. Aber der ist sehr relativ. Wenn man darunter die Verkaufszahlen versteht, bin ich so erfolglos, wie ein Autor überhaupt sein kann. Ich finanziere die Edition meiner Bücher selbst, habe bisher noch keinen einzigen Cent daran verdient, weshalb das Finanzamt die verständliche Konsequenz gezogen hat, die Kosten für die Edition nicht mehr als steuerlich absetzbar anzuerkennen.
Der Autor Karl Josef Kassing kann also für eine breitere Leserschaft noch entdeckt werden. Wäre das nicht eine reizvolle Aufgabe für eine/einen von Euch? Ein Platz in der Geschichte der Deutschen Literatur wäre ihm/ihr sicher!
Damit stellt sich die Frage: Warum schreibt ein Autor denn überhaupt, wenn doch kaum jemand es lesen will? Warum singt eine Nachtigall, warum zwitschert ein Spatz, warum quakt ein Frosch? Weil es ihnen Spaß macht und weil sie es nicht lassen können! Während sie allerdings nur über eine einzige Stimme verfügen, nämlich ihre artspezifische, stehe ich als Autor vor der Aufgabe, mal zu singen wie eine Nachtigall, mal zu zwitschern wie ein Spatz, mal zu quaken wie ein Frosch. Und gerade dieser Wechsel gehört für mich zum Reiz des Schreibens.
Quak Quark Quatsch – was ich auch noch sagen wollte: Man hat mir schon mehrfach den gutgemeinten Rat gegeben, ich solle schreiben, was die Leute lesen wollen. Aber das könnte ich nicht. Ich kann nur schreiben, was ich selber lesen will. Und, ich hoffe, man sieht es mir nach, ich bin mit dem, was ich schreibe und dann lese, trotz aller Selbstkritik meist auch ganz zufrieden.
Sollte man mich jetzt aber für einen Vielschreiber halten, weil ich pro Jahr zwei Bücher herausgebe: Das ist der Ertrag von über 60 Jahren Arbeit als Autor. Mit dem neuen Buch umfasst meine Gesamtausgabe bisher 19 Bücher, damit kommt ein Buch auf gut drei Jahre. Dabei sind die meisten meiner Bücher eher dünn.
Da ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann, dass jetzt jemand vom Nachrechnen erschöpft ist, schließe ich mit herzlichem Gruß und guten Wünschen.
Karl Josef Kassing