Karl Josef Kassing - Schriftsteller

Rundbrief Nr. 33, Herbst 2025                             


Sehr geehrte liebe Na-Ihr-wisst-schon,

  das Buch, das ich jetzt vorstelle, ist ein Remake, d. h. ein neues altes („d.h.“ heißt „das heißt“; ich habe es abgekürzt, um Platz zu sparen!). 1991 erschien es unter dem Titel ‚Balladen von der Erft‘. Das Buch kam damals gut an und trug mir den Ruf eines Heimatdichters ein. Unter dem neuen Titel sind Texte und Bilder erweitert. Man darf nur nicht erwarten, dass alles genau so war, wie ich erzähle. Schließlich hat auch ein Heimatdichter seine dichterische Freiheit! Leseproben wie immer: www.fohrmann-verlag.de
  Bei der Edition meiner Gesammelten Werke habe ich das Gefühl: die Zeit drängt. Wie lange kann ich es denn noch? Ich bin inzwischen 89, trauere allerdings der 88 noch nach, weil diese Zahl sich so schön behalten ließ. Und wenn ich die Ziffern versehentlich vertauschte – kein Problem, das Alter stimmte trotzdem. Jetzt dagegen – angenommen, jemand fragt, wie alt ich bin, ich sage versehentlich 98 und das Schicksal, um mich nicht Lügen zu strafen, nimmt mich beim Wort? O weh! Also, Karl merk dir‘s: du bist 89 ... 89 ... 98 ...
  Seit ich in Köln wohne, wurde ich schon dreimal wegen eines Bomben-Fundes evakuiert. Sollte ich im Garten einen Blindgänger finden, entschärfe ich ihn kurzerhand selbst. Und dann ab in die gelbe Tonne! Aber lieber wäre mir ein Römergrab, am besten mit einem Römer, der nur scheintot war und jetzt wach wird. Dann käme auch mein Latein wieder zur Geltung. „How do you do?“, würde ich ihn fragen. – Wie, das ist Englisch? Dann kann ich das ja auch!
  Apropos Garten: Der Fuchs besucht uns immer mal. Inzwischen weiß ich sogar, wie er auf das Grundstück hinter dem Haus kommt, nämlich durch die vergitterte Tür. Eine Mieterin hat beobachtet, wie er aus dem Stand durch einen Spalt im Gitter gesprungen ist, 1,10 m hoch, 12 cm breit. Versucht mal, ob Ihr das könnt: aus dem Stand so hoch und durch einen so schmalen Spalt. Mein Fuchs kann das! Bei gutem Wetter gehe ich öfter zum Südfriedhof, ein schöner Weg fast ganz durchs Grüne, zurück mit der Straßenbahn. Ich habe auf dem Urnengrab meiner Frau keine Deckplatte anbringen lassen. In absehbarer Zeit lege ich mich da auch selber zur Ruhe. Ich habe aber keine Lust, vorher den schweren Deckel hochzuwuchten!
  Vom Dichten und einigen anderen Macken abgesehen, geht es mir gut. Vor allem der Kopf ist noch fit! So lasse ich kaum eine Gelegenheit ungenutzt, mich dumm anzustellen. Allerdings verschiebt sich meine Aktivität immer mehr in die Nacht hinein. „Abwärts wend ich mich zu der heiligen, unaussprechlichen, geheimnisvollen Nacht. Fernab liegt die Welt – in eine tiefe Gruft versenkt“ (Novalis, Hymnen an die Nacht). Jetzt, da ich das schreibe, ist es 1 Uhr und 50 Minuten (nachts). Ich nehme an, Ihr seid weniger romantisch, dafür aber vernünftiger und schlaft.
  Zum Schluss möchte ich Euch mit der Reife und Weisheit meiner ... Moment ... 88+1 Jahre noch einen guten Rat geben: Tut, was Ihr wollt und könnt. Und was man nicht kann – einfach nicht wollen! In diesem Sinn mit herzlichem Gruß der noch relativ intakte und aktive

Karl Josef Kassing